Modellentwicklung von A580 bis A580-I
Eine Rekonstruktion der Geschichte
Als Ende der dreissiger Jahre auch in der Schweiz klar wurde, dass ein Krieg im Anzug war bekam die Condor Fabrik den Auftrag, ein neues Motorrad für die Armee zu entwickeln. Weil die Schweiz neutral bleiben wollte musste es eine eigene Entwicklung sein um nicht vom Ausland abhängig zu sein. Vor dem Start des Projektes wurden, in Zusammenarbeit mit Universal, einige Modelle für die Armee produziert. Die Entwicklung eines neuen Modelles kann viele Jahre dauern und die Armee hatte dringenden Bedarf an Motorrädern.
 

A540

Condor produzierte zwischen 1939 und 1940 100 Motorräder des Typs A540, ein 497 cm3 grosser und 12 PS starker MAG Einzylinder, Typ 1C9L3. Im gleichen Jahr lieferte Condor ebenso auch die Getriebe für eine Motosacoche mit V-Zweizylindermotor mit 847 cm3 Inhalt. MAG war nicht imstande noch viel zu liefern und stoppte die Motorenproduktion. In den Fünfziger Jahren wurde ein Neustart versucht, jedoch ohne Erfolg
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A 680
Von 1944 bis 1946 lieferten Condor und Universal zusammen ungefähr 580 Motorräder des Typs A680 an die Armee aus. Die Maschine war ausgerüstet mit einem 667 cm3 V-Zweizylinder von Universal (Typ AM 42). Nicht klar ist, ob Condor auch, neben Getrieben, auch komplette A1000 Motorrad(gespanne) gebaut hat.

 

 
Ein Boxer

BMW R6 596cc 1937

Für ein neues Modell wurde über die Grenzen hinaus Ausschau gehalten und vermutlich wurden einige Motorräder sehr gründlich studiert. Die BMW R6 und die Zündapp fanden Gefallen, so etwas musste es werden.
Die Verantwortlichen bei Condor begannen mit einem weissen Blatt Papier und Raymond Schaller erdachte unter Leitung von Edgar Fricker einen schmalen Boxermotor. Bei dieser Konstruktion war vieles anders angeordnet als bei den Motoren von BMW und Zündapp. Die ersten Skizzen wurden anfangs der Vierziger Jahre gemacht (die BMW R75 und die Zündapp KS750 waren damals auch erst seit kurzem auf dem Markt erschienen). Der Motor hatte gewisse Ähnlichkeiten mit der R12, die Vorderradgabel war jedoch eine Kopie der Zündapp. Um den Motor schmal bauen zu können wurde ein Teil des Verbrennungsraumes im Zylindervolumen intergriert. Ein weiteres Argument für den Boxermotor war der tiefe Schwerpunkt und die gute Kühlung der Zylinder. Natürlich musste das Motorrad einen unterhaltsfreien Kardanantrieb bekommen. Die Armee hatte klare Wünsche und Anforderungen an das Motorrad gestellt und die Maschine wurde entwickelt, ohne überhaupt an den Verkauf an Private zu denken. Ein Kilo mehr oder weniger war nicht wichtig und eine hohe Spitzengeschwinigkeit auch nicht von Belang.
 

1947


EC 580

1944 erlebte die 20 PS starke C580 ihr Début, aber durch die widrigen Kriegsumstände war die Fabrik erst 1947 imstande zu liefern. Die Armeeversion, die A580 kam erst 1949 heraus. Die C580 hat eine starre Hinterradaufhängung und eine Vorderradgabel aus Pressstahlteilen, welche nach dem Zündapp-Vorbild kopiert wurde. Die Kardanwelle sitzt auf der linken Seite des Motorrades, rechts ist der Schalldämpfer montiert an welchem beide Krümmer angeschlossen sind. Der linke Auspuff verläuft unter dem Getriebe zum Dämpfer. Die A580 verfügte über ein 8-Gang-Getriebe, 4 für Strassenbetrieb, 4 für Geländefahrten. Weiter verfügte das Motorrad über gigantische Bremstrommeln welche das Motorrad rechtzeitig abbremsen mussten bei Bergabfahrten. 27 cm ist fürwahr eine stattliche Grösse! Dazu sind beide Bremstrommeln auch noch mit Kühlrippen ausgestattet. Hinter- und Vorderradbremse liegen rechts. Später wandert die Hinterradbremstrommel nach links, verborgen im Kardangehäuse.
 

C 580 Paris Police


Im selben Jahr wurden wurden 40 Stück der C580 an die Pariser Polizei verkauft. Hier siehst du wie zufrieden ein Polizist sein kann aus seinem Töffli. Das ist der rituelle Tanz nach dem Starten des Motors :-)

Ob die Condor, nebst BMW als Vorbild für die CEMEC gedient hat, wird immer ein Rätsel bleiben.
 

1948

C 580 Tourisme (N=Normal)

Eines der wenigen Bilder eines zivilen Modells stammt aus einer Auto/Motorradzeitschrift, zugesandt durch einen belgischen Eigentümer. Nach ihm handelt es sich um ein T-Modell von 1953. Schweizer Quellen besagen, es handle sich um eine TN. Angesichts des Motors muss das Baujahr vor 1948 sein.

A 750

Die 580 bekam 1948 einen komplett neuen Motor. Die Gründe dafür sind nicht wirklich bekannt. Gleichzeitig mit der 580 wurde eine 744 cm3, 650 kg schwere Ausführung für Gespannbetrieb entwickelt. Zwischen 1948 und 1950 wurden etwa 230 Stück dieser 25 PS starken Motorräder gebaut. Auffälligerweise wurden diese mit einem links laufenden Seitenwagen ausgerüstet. Der Grund hierfür könnte der rechts am Motorrad angebrachte Kickstarter sein. Die 750er verfügte sogar über einen Rückwärtsgang. Ein weiterer Unterschied zur 580 waren die zwei Reibscheiben der Kupplung, die 580 musste mit einer trockenen Scheibe auskommen.
 

1949


C 580 TN (Tour Normal)

Eigentlich kam der Boxer zu spät. Die meisten Parteien des zweiten Weltkriegs hatten längst entdeckt, dass man mit leichteren Motorrädern viel mobiler war als mit einem schweren Zweizylinder. Vor allem die Deutschen hatten in Russland entdeckt, dass es schwierig zu fahren war in schlechten Verhältnissen mit einem angepassten Strassenmotorrad. Marken wie BMW, Zündapp, Gnome et Rhone wurden fallen gelassen und ersetzt durch leichte Einzylindertypen. Einzig die Ural M72 in Russland wurde noch weiter entwickelt für die Armee. Condor kam erst 1960 mit einem 250 cm3 Einzylinder.

In 1949 erfolgte die erste Lieferung der Militärmaschinen an die Schweizer Armee. Von der C580 wurden noch einige weitere Varianten hergestellt, aber diesbezügliche Informationen sind nicht ganz klar. Im Laufe der Produktion der 580 wurden am Motor Änderungen gemacht. So sehen wir bei den frühen Exemplaren, den T oder TN von 1948, weniger Aluminium Abdeckungen. Der Vergaser liegt nicht versteckt. Die letzten Modelle waren äusserlich glatt mit einem "versteckten" Motor. Zylinder und Zylinderköpfe waren noch aus Gusseisen. Die Ventile wurden durch eine über der Kurbelwelle liegende Nockenwelle betätigt, welche über schrägverzahnte Zahnräder angetrieben wurde. Die Ventile wurden einfach mit Schraube und Kontermutter eingestellt. Das ganze war so entworfen worden, dass Probleme schnell und einfach zu beheben waren.

1950
C 580 TL 1950
Rechte Seite einer TL von 1950. Deutlich zu sehen ist der Hebel um die Geländeübersetzung einzuschalten, zwischen Zylinder und Kickstarter. Dieses Modell wurde auch als 750 cm3 Gespann verkauft. Diese hatte dann 5 PS mehr als die normale 580. Dies ist also eigentlich schon der Motor der A580-I, jedoch mit gusseisernen Zylindern.
 


A 580 1950
(A=Armee) 


 

Dies ist ein Übergangsmodell und die letzte Ausführung mit der starren Hinterradaufhängung. Ausgerüstet mit zwei Auspuffanlagen, welche wir später an der A580-I wieder sehen werden. Die Hinterrad-Bremstrommel ist jetzt in das Kardangehäuse intergriert worden.
 
1951


A 580-I

1950 wurde die Entwicklung der Boxermaschine gestartet wie wir sie in den Niederlanden kennen. Das Hinterrad war mit einer Geradeweg-Federung ausgestattet, das Vorderrad mit ungedämpften Gabel. Eine besondere Verbesserung am Motor waren die hydraulischen Ventilstössel, die wir eigentlich nur von Harley und amerikanischen Automobilen kennen. Zylinder und Zylinderkopf wurden jetzt aus Leichtmetall hergestellt. Bohrung und Hub blieben gleich mit 70 x 75.2 mm, was ungefähr 577 cm3 ergab. Der Motor leistete 20 PS bei 4000 Umdrehungen.

Das Schalten ist, einmal daran gewöhnt, schwer wieder abzugewöhnen. Der erste Gang wird nach unten eingelegt, ebenso die drei weiteren Gänge. Zurückschalten erfolgt einfach umgekehrt, bis man zuoberst wieder die Nautralstellung erreicht. Ein Wunder, dass diese Methode nie durch andere Hersteller eingeführt wurde. In der Niederlanden sind etwa 25 Stück der Condor A580-I eingelöst.

Zwischen 1951 und 1958 erscheint eine Anzahl Varianten der 580er. Die Informationen sind lückenhaft und widersprüchlich. Aber infolge Mangel an Informationen aus der Schweiz müssen wir auf andere Weise herausfinden wie es sich genau verhält. Auch lieferte die Fabrik nicht immer genau die im Prospekt abgebildeten Modelle. Die meisten Prospekte sind nicht datiert, weshalb auch nicht genau zu sagen ist wann welche Veränderungen gemacht wurden. Auch wurden zivile Ausführungen durch die Fabrik wieder umgebaut zu Militärmaschinen welche an die Armee verkauft wurden, diese bekamen eine neue Rahmennummer.

Im Prospekt von 1954 kommen folgende Modelle vor.


C 580 Rally.

Im Prinzip eine A580-I, aber ohne Militärausrüstung und mit einem anderen Auspuff versehen. Akku und Werkzeugkästen sind dort montiert wo bei der Armeeversion der Auspuffdämpfer eingebaut war. Die Rallye Version hat 4 Gänge, also keine Geländeübersetzung, auch zu sehen am fehlenden Hebel. Weitere Unterschiede sind Farbe, der zur Hälfte verchromte Benzintank und die verchromten Felgen, Speichen, Naben und Lenker, Kickstarter- und Schalthebel und das hintere teil des frame. Das Gewicht beträgt 185 Kilogramm.
 


C 580 TNS

Eine "kahle" A580-I. Ohne Militärausrüstung aber mit hoch liegender Auspuffanlage. Die Unterschiede zur Rallye sind die Kurbelgehäuse-Schutzplatte, 8 Gänge, Seitenständer und die Farbe "Schattenschwarz". Die Unterschiede zur Armeeversion A580-I sind die verchromten Auspuffe und Schalldämpfer. Das Gewicht beträgt 195 Kilogramm.
 
Die Armeeversion der 580-I hatte zwischen 1950 und 1954 ein Vorderradschutzblech mit einer Verlängerung zur beidseitigen Befestigung eines Kennzeichens.
 
1958
Insgesamt wurden nicht mehr als 150 zivile und 1535 militärische Versionen der C580 verkauft. Von der 580-I wurden auch nicht mehr als 150 zivile und 2885 Miilitärausführungen verkauft.

1958 ist das letzte Produktionsjahr der 580er, obwohl diese Motorräder noch in den Preislisten 1959 vorkommen. Es ist mir unklar, ob von der A580-I auch wirklich eine 750er Version hergestellt wurde. Ich habe nur ein einzelnes Foto gesehen, dazu einen Beschrieb in einer Zeitschrift von 1953.

Die 580er wurde abgelöst durch die Einzylinder A250 und später von der A350. Die letztgenannte war dann auch das letzte Motorrad, welches die Fabrik in Courfaivre verlassen durfte. Für weitere Bilder und Modelle siehe Website des Condorclubs.

 

Copyright Ben van Helden, Condorclub Holland, Übersetzung: Paul de Groot